Freitag, 30. Mai 2014

Robert Eduard Prutz: Die deutsche Literatur der Gegenwart

Wir wissen jetzt, dass politische Revolutionen zwar mitunter unvermeidlich sein können – gerade so unvermeidlich, wie gewisse Revolutionen des Erdlebens –, dass sie aber bei alledem in ihren nächsten und unmittelbarsten Folgen immer mehr zerstörend als segnend wirken: wie ja auch erst Jahrhunderte vergehen müssen, bevor die Lava, die grünende Felder und blühende Saaten vernichtet hat, sich zum fruchtbaren Boden umgestaltet. Allerdings trägt dieser Boden alsdann doppelte und dreifache Frucht: aber was kann das denjenigen nützen, deren Hab und Gut damals der Flammenstrom verschlang und die jetzt längst im Grabe modern, wenn endlich eine neue üppige Saat aus der toten Asche emporkeimt? Wer zum Schwerte greift, soll durch das Schwert umkommen; so kommt auch denjenigen, welche die Revolutionen gemacht haben, oder richtiger gesagt: die es haben dahin kommen lassen, dass die Revolution zur Notwendigkeit ward, von den wohltätigen Folgen derselben am allerwenigsten zugute, vielmehr gehen sie regelmäßig zugrunde als das tragische Opfer ihrer Schuld, und erst für spätere Geschlechter, die an dieser Letzteren keinen Teil mehr haben, verwandelt sich der Fluch in Segen. Das ist so nicht nur bei einzelnen geschichtlichen Persönlichkeiten, auch ganze Völker unterliegen demselben Gesetz. / Auch ihre Literaturen.

(Aus dem ersten Band des 1859 erschienenen Werks)

ZUM GEBURTSTAG DES VORMÄRZ-PUBLIZISTEN

Über den Autor (1816-1872)

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