Ein Herr besaß einmal eine Katze, die gewohnt war, nie etwas vom
Tisch zu nehmen. Da kam ein neuer Hund ins Haus, der gern naschte und zu
diesem Zweck auf Stühle und Tisch sprang. Die Katze sah ihm einige Male
mit griesgrämiger Miene zu, dann setzte sie sich in die Nähe des
Tisches und war, als der Hund wieder auf den Tisch sprang, schon oben
auf dem Tisch und gab dem Näscher eine tüchtige Maulschelle.
Eine andere Katze war durch Schläge und Drohungen dahin gebracht
worden, die Stubenvögel, deren Käfige im Fenster standen, in Ruhe zu
lassen. Eines ihrer Jungen, das bei ihr blieb, zeigte bald Gelüste nach
den Vögeln. Es sprang auf den Stuhl, von da ins Fenster und wollte eben
einen Braten aus dem Käfig holen, als es von einer menschlichen Hand
gepackt, durch einige Klapse eines Besseren belehrt und auf den Boden
gesetzt wurde. Die Alte hat den Versuch zum Bösen und die Abstrafung mit
angesehen, war bei dem Notgeschrei herbeigeeilt und leckte jetzt ihrem
Kindchen mitleidig die Hiebe ab. Dasselbe geschah noch zweimal; doch das
Kätzchen wollte seine Begierde nicht zügeln und fuhr fort, auf dem Wege
der Sünde zu wandeln. Aber nun ließ es die Alte nicht mehr aus dem
Auge, sondern sprang jedesmal, wenn das Kleine zum Fenster wollte, auf
den Stuhl und verabfolgte dem Zudringlichen ganz gehörige Ohrfeigen. Das
Kleine ersann nun einen andern Weg, kroch auf ein Pult, das nahe am
Fenster stand, und wollte von dort aus auf die Vögel los. Die Alte aber
war mit einem Sprung schon oben, und wieder setzte es Ohrfeigen, und
zwar von einer Güte, daß von nun an jeder Raubzug unterblieb.
(Aus dem seit 1864 veröffentlichten 'Illustrierten Tierleben')
ZUM TODESTAG DES ZOOLOGEN
Über den Autor (1829-1884)
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