Ich kenne keine andern Menschenfeinde als die tätigen, bedeutende Rollen
spielenden Männer, welche die Menschen zu allen ihren Absichten wie
dazu geschaffene Werkzeuge brauchen und mißbrauchen, gleichviel, wie es
diesen Werkzeugen bekomme. Was man gewöhnlich Menschenfeinde nennt, sind
Menschenscheuende und sie Fürchtende, die sich gern, um sich gegen
alles Anstoßen zu sichern, wie die Schnecken in ihre Häuser verkröchen
und einmauerten, wenn sie nur die Natur wie diese mit dem dazugehörigen
Leim versehen hätte und sie ohne Luft leben könnten. Auch zählt man die
galligten Humoristen dazu; aber diesen genügt das Poltern, Schelten und
die Sarkasmen über die Schlechtigkeit der Gattung. Der wahre
Menschenfeind glänzt
und prangt in den Gesellschaften und ist der beredteste Lobredner der
Menschen, die er so gut zu benutzen weiß. Er pfeift den Vögeln die
Melodie vor, die sie am liebsten hören, um sie in das Garn zu locken,
und singt sie ihnen dann noch vor, wenn er sie erwürgt. So preist der
Prediger den Verstorbenen am Grabe hochselig, den er mit unzeitigen
Vorspiegelungen von jenem Leben vor der Zeit hineingejagt hat.
(Aphorismus aus dem Jahre 1802/03)
ZUM GEBURTSTAG DES DICHTERS
Über den Autor (1752-1831)
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