Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten
Winterrage recht nah zusammen, um sich durch die gegenseitige Wärme vor
dem Erfrieren zu schützen. Jedoch bald empfanden sie die gegenseitigen
Stacheln, welches sie dann wieder von einander entfernte. Wann nun das
Bedürfnis der Erwärmung sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte
sich jenes zweite Übel, so dass sie zwischen beiden Leiden hin und her
geworfen wurden, bis sie eine mäßige Entfernung voneinander
herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.
So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und
Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander; aber
ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stoßen
sie wieder voneinander ab. Die mittlere Entfernung, die sie endlich
herausfinden, und bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die
Höflichkeit und feine Sitte. Dem, der sich nicht in dieser Entfernung
hält, ruft man in England zu: keep your distance! - Vermöge derselben
wird zwar das Bedürfnis gegenseitiger Erwärmung nur unvollkommen
befriedigt, dafür aber der Stich der Stacheln nicht empfunden.
Wer jedoch viel eigene, innere Wärme hat, bleibt lieber aus der
Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben, noch zu empfangen.
(Eine Parabel aus der 1851 erschienenen Sammlung "kleiner philosophischer Schriften")
ZUM TODESTAG DES PHILOSOPHEN
Über den Autor (1788-1860)
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