Dienstag, 9. Dezember 2014

Johann Reinhold Forster: Zum anonymen Tagebuch einer Südseereise

Die vorläufige Nachricht von der großen mehr als vierjährigen Reise [1776 bis 1780], welche die britischen Kapitäne Cook, Clerke, Gore und King glücklich beendet haben, war so interessant, dass es unrecht wäre gewesen, unser deutsches Publikum auf die ausführliche Beschreibung der Reise, welche unter der Aufsicht der britischen Regierung aus den Original-Handschriften der sämtlichen Befehlshaber mit vieler Umständlichkeit herauskommen soll, warten zu lassen. Besonders da ich noch kürzlich durch Briefe aus England benachrichtigt bin, dass diese zu hoffende ausführliche Nachricht nicht eher als in anderthalb Jahren wird können zum Vorschein kommen, weil über achtzig Kupfertafeln von besten Meistern nach den Zeichnungen des Herrn Webers, der die Reise mitgemacht hat, gestochen werden, die das Werk zieren sollen. Herr Weber ist ein Sohn eines in England seit ein paar Jahren gestorbenen deutschen Künstlers und hat in den bildenden Künsten kein gemeines Verdienst.

Der Verfasser dieser Reise scheint auf der Discovery diese Reise mitgemacht zu haben, außer dass er nach dem Tode des Herrn Clerke auf die Resolution gekommen. In England müsste es ein Leichtes sein, denselben herauszubekommen, ob er sich gleich nicht genannt hat. Ich habe zwar ausdrücklich deswegen nach England hingeschrieben, um dieses zu erfahren; allein die Unsicherheit und Langsamkeit der Posten im Kriege zur See sind Schuld dran, dass ich von meinen Freunden auf den Punkt noch keine Antwort bekommen habe. Indessen mutmaße ich, dass es einer Unterwundärzte der Discovery gewesen, weil kurz zuvor auf der Resolution der Oberwundarzt Herr Anderson gestorben war; und dass es also wahrscheinlich ist, man werde einen an dessen Stelle, bei der Beförderung der anderen Wundärzte auch von der Discovery herübergeholt haben.

Der Charakter des Schriftstellers und seine Kenntnisse sind sich nicht allezeit gleich. Man kann ihm nicht absprechen, dass er in einigen Fällen ein sehr edles, gefühlvolles Herz nebst einem gesunden Menschenverstande verraten habe; an anderen Orten gerät man über seine falschen und schielenden Grundsätze in Versuchung, ihn einen schlechten Menschen zu schelten: besonders hat er Lust gehabt, sein Buch durch Einschiebung großer Stellen aus Kapitän Cooks und meines Sohnes [Georgs] Reisebeschreibung anzuschwellen. Der Sprache der Südseeinseln scheint er auch, ungeachtet des langes Aufenthaltes und vielen Umganges mit den Einwohnern in der Südsee, doch nicht mächtig genung gewesen zu sein. Zu Berichtigung der falschen Namen und unrichtig angegebener Umstände und zur Eräuterung solcher Umstände, die mitten in Deutschland unverständlich sein möchten, habe ich vorzüglich meine Anmerkungen angewendet: so, wie ich überhaupt geglaubt, meinem Vaterlande einen Dienst geleistet zu haben, dass ich diese Übersetzung übernommen; weil nur wenige Übersetzer die englische Sprache so vollkommen verstehen, dass sie auch die See-Redensarten übersetzen könnten, und dabei über viele Umstände der Reiseerläuterungen mitteilen könnten.

(Beginn der Vorrede zur Übersetzung von 1781)

ZUM TODESTAG DES NATURFORSCHERS

Über den Autor (1729-1798)

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