Montag, 15. Dezember 2014

Johann Theodor Jablonski: Versuch, zu einer ordentlichen und beständigen Richtigkeit der deutschen Sprache im Reden und Schreiben zu gelangen

Die Ausübung einer Landessprache ist mit Fug für ein geringes und verächtliches Werk nicht zu achten. Bei allen wohlgezogenen Völkern ist dieselbe mit den vortrefflichsten Wissenschaften zugleich aufgekommen, mit Fleiß getrieben und hoch geachtet worden. Nicht nur einzelne Männer haben ihre Geschicklichkeit hierdurch vornehmlich zu beweisen getrachtet, sondern ganze Gesellschaften sich zu solchem Zweck vereinigt und Könige und Fürsten zu ihren Beförderern erhalten. Welschland und Frankreich haben sich mit solcher Arbeit wo nicht mehr doch auch nicht minder als mit ihrer übrigen Gelehrsamkeit berufen und berühmt gemacht. Engelland hat ihnen obgleich in der Stille so glücklich nachgeeifert, dass es jenen vielleicht zuvorgekommen, der übrigen alten und neuen Exempel beliebter Kürze wegen nicht zu gedenken.

Und zwar ist solches nicht ohngefähr oder aus einem bloßen Einfall, sondern aus tüchtigen Beweggründen geschehen.

Die Zier und Reinigkeit einer Sprache tut ein Merkliches, die Gedanken deutlicher vorzustellen und andern mit mehrer Anmut beizubringen.

Und nachdem die heutige Lebensart von der alten durchweg soweit geändert, dass die Welt gleichsam ein gemeines Vaterland geworden und die Völker so wenig mehr voneinander geschieden bleiben wollen, dass sie einander kaum entraten können, so hilft sotane [solch] Reinigkeit der Sprachen auch, dass sie leichter erlernet und hierdurch die Gemeinschaft unter denen so sich derselben gebrauchen, befördert wird.

(Beginn des 1713/19 erschienen Werks)

ZUM GEBURTSTAG DES PÄDAGOGEN

Über den Autor (1654-1731)

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