Montag, 23. Juni 2014

Charlotte Birch-Pfeiffer: Johannes Gutenberg

GUTENBERG der plötzlich begreift, kummervoll. Ach nun – ja so, so ist das! Pause. Er winkt Lorenz, der hinausgeht, geht dann ein paarmal hin und her, tritt endlich vor Käthchen bin, die noch immer mit bedecktem Gesichte dasteht. Armes, armes Käthchen! Ach, es wird mir schwer, die Lippen zu öffnen und in einer Wunde zu wühlen, die noch immer blutet! – Käthchen, ich habe ein Weib.
KÄTHE lässt die Hände vom Gesicht fallen, starrt ihn sprachlos an, fasst endlich nach der Lehne des Stuhls und stammelt. O Du mein lieber Gott! –
GUTENBERG umfasst sie und lässt sie sanft in den Stuhl gleiten. Seid stark, Käthchen, gutes treues Kind, mein Herz ist zum Zerspringen voll, raubt mir nicht die Kraft, die mir nötig, um zu sagen, was ich muss!
KÄTHE kaum hörbar. Und wo – wo ist – Euer Weib?
GUTENBERG. Bei ihren Eltern, im Elsaß, sie hat mich verlassen!
KÄTHE starrt ihn an. Verlassen – Euch – o nimmermehr!
GUTENBERG mit einem schweren Seufzer. Sie tat's! –
KÄTHE schüttelt den Kopf. Dann liebte sie Euch nicht!
GUTENBERG. Doch, Käthchen, sie liebte mich innig! Aber Irrwahn und Aberglaube waren stärker als ihre Liebe, und sie verließ mich! geängstigt durch heillose Pfaffen, ging sie in's Elend, ihre Seele zu retten. Ich habe seitdem ihren Namen nicht mehr ausgesprochen. Niemand weiß, wie elend ich bin, wer achtet auch des armen finstern Mannes, der ohne Klage still seines Weges geht? Ich bin der bedauerungswerteste Mensch, seitdem ich sie verlor, denn ich – kann sie nie vergessen! Er legt die Hand über die Augen.
KÄTHE zuckt zusammen und fährt mit dem Ausdruck des tiefsten Schmerzes nach dem Herzen. Nach einer kleinen Pause steht sie auf, tritt vor ihn hin, fasst seine beiden Hände, und sagt, mit Tränen kämpfend, aber doch fest. Gott tröste Euch, lieber Herr, Ihr seid sehr unglücklich! – Doch Eure Wunden werden heilen, Gottes Vaterhand heilt ja alle zerrissene Herzen, Mit geheimer Beziehung. wenn auch nicht hier!

(Aus der Zweiten Abteilung des 1835 uraufgeführten Dramas)

ZUM GEBURTSTAG DER SCHREIBENDEN SCHAUSPIELERIN

Über die Autorin (1800-1868)

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