Donnerstag, 5. Juni 2014

Eduard von Hartmann: Philosophie des Unbewussten

Das Wollen hat seiner Natur nach einen Überschuss von Unlust zur Folge. Das Wollen, welches das »Dass« der Welt setzt, verdammt also die Welt, gleichviel wie sie beschaffen sein möge, zur Qual. Zur Erlösung von dieser Unseligkeit des Wollens, welche die Allweisheit oder das Logische der unbewussten Vorstellung direkt nicht herbeiführen kann, weil es selbst unfrei gegen den Willen ist, schafft es die Emanzipation der Vorstellung durch das Bewusstsein, indem es in der Individuation den Willen so zersplittert, dass seine gesonderten Richtungen sich gegeneinander wenden. Das Logische leitet den Weltprozess auf das Weiseste zu dem Ziele der möglichsten Bewusstseinsentwicklung, wo anlangend das Bewusstsein genügt, um das gesamte aktuelle Wollen in das Nichts zurückzuschleudern, womit der Prozess und die Welt aufhört, und zwar ohne irgendwelchen Rest aufhört, an welchem sich ein Prozess weiterspinnen könnte. Das Logische macht also, dass die Welt eine bestmögliche wird, nämlich eine solche, die zur Erlösung kommt, nicht eine solche, deren Qual in unendlicher Dauer perpetuiert wird.

(Aus dem Zweiten Teil des 1869 erstmals erschienenen Werks)

ZUM TODESTAG DES NACHIDEALISTISCHEN DENKERS

Über den Autor (1842-1906)

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