Ich hatte immer sehnlichst gewünscht, Griechisch
lernen zu können; vor dem Krimkriege aber war es mir nicht ratsam
erschienen, mich auf dieses Studium einzulassen; denn ich musste
fürchten, dass der mächtige Zauber der herrlichen Sprache mich zu sehr
in Anspruch nehmen und meinen kaufmännischen Interessen entfremden
möchte. Während des Krieges aber war ich mit Geschäften dermaßen
überbürdet, dass ich nicht einmal dazu kommen konnte, eine Zeitung,
geschweige denn ein Buch zu lesen. Als aber im Januar 1856 die ersten
Friedensnachrichten in Petersburg eintrafen, vermochte ich meinen Wunsch
nicht länger zu unterdrücken und begab mich unverzüglich mit größtem
Eifer an das neue Studium; mein erster Lehrer war Herr Nikolaos
Pappadakes, der zweite Herr Theokletos Vimpos, beide aus Athen, wo der
letztere heute Erzbischof ist. Wieder befolgte ich getreulich meine alte
Methode, und um mir in kurzer Zeit den Wortschatz anzueignen, was mir
noch schwieriger vorkam als bei der russischen
Sprache, verschaffte ich mir eine neugriechische Übersetzung von
»Paul et Virginie« und las dieselbe durch, wobei ich dann aufmerksam
jedes Wort mit dem gleichbedeutenden des französischen Originals
verglich. Nach einmaligem Durchlesen hatte ich wenigstens die Hälfte der
in dem Buche vorkommenden Wörter inne, und nach einer Wiederholung
dieses Verfahrens hatte ich sie beinahe alle gelernt, ohne dabei auch
nur eine Minute mit Nachschlagen in einem Wörterbuche verloren zu haben.
So gelang es mir in der kurzen Zeit von sechs Wochen, die
Schwierigkeiten des Neugriechischen zu bemeistern; danach aber nahm ich
das Studium der alten Sprache vor, von der ich in drei Monaten eine
genügende Kenntnis erlangte, um einige der alten Schriftsteller und
besonders den Homer verstehen zu können, den ich mit größter
Begeisterung immer und immer wieder las.
(Aus der 1869 erschienenen Schrift 'Ithaka, der Peloponnes und Troja')
ZUM GEBURTSTAG DES ARCHÄOLOGEN
Über den Autor (1822-1890)
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