Da ich mich genötigt sah, den Kindern allein und ohne alle Hilfe
Unterricht zu geben, lernte ich die Kunst, viele miteinander zu lehren, –
und da ich kein Mittel hatte als lautes Vorsprechen, ward der Gedanke,
sie während dem Lernen zeichnen, schreiben und arbeiten zu machen,
natürlich entwickelt. Die Verwirrung der nachsprechenden Menge führte
mich auf das Bedürfnis des Taktes, und der Takt erhöhte den Eindruck der
Lehre. Die gänzliche Unwissenheit von allem machte mich auf den
Anfangspunkten lange stehen bleiben, und dieses führte mich zu
Erfahrungen von der erhöhten innern Kraft, die durch die Vollendung der
ersten Anfangspunkte erzielt wird, und von den Folgen des Gefühls der
Vollendung und der Vollkommenheit auch auf der niedersten Stufe. Ich
ahnete den Zusammenhang der Anfangspunkte eines jeden Erkenntnisfaches
mit seinem vollendeten Umriß wie noch nie und fühlte die unermeßlichen
Lücken, die aus der Verwirrung und der Nichtvollendung dieser Punkte in
jeder Reihenfolge von Kenntnissen erzeugt werden müssen, ebenso wie noch
nie. Die Folgen der Aufmerksamkeit auf diese Vollendung übertrafen
meine Erwartungen weit. Es entwickelte sich in den Kindern schnell ein
Bewußtsein von Kräften, die sie nicht kannten, und besonders ein
allgemeines Schönheits- und Ordnungsgefühl. Sie fühlten sich selbst, und
die Mühseligkeit der gewöhnlichen Schulstimmung verschwand wie ein
Gespenst aus meinen Stuben; sie wollten, – konnten, – harrten aus, –
vollendeten und lachten; – ihre Stimmung war nicht die Stimmung der
Lernenden, es war die Stimmung aus dem Schlaf erweckter, unbekannter
Kräfte, und ein geist- und herzerhebendes Gefühl, wohin diese Kräfte sie
führen könnten und führen würden.
(Aus dem 1801 erschienenen Werk)
ZUM GEBURTSTAG DES PÄDAGOGEN
Über den Autor (1746-1827)
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