Freitag, 18. Juli 2014

Karl Simrock: Zwiegespräch

Schwalbe dort am Fensterrand,
Wo du nisten willst und brüten:
Flogst du her aus fernem Land,
Dies mein Häuschen zu behüten?

"Hab viel andres wohl zu tun
Als ein fremdes Haus bewachen;
An dem meinen bau ich nun:
Fördre jetzt die eignen Sachen."

Baue denn in guter Ruh
Unter meinem Dach von Schiefer:
Ein willkommner Gast bist du,
Erbfeind allem Ungeziefer.

"Fliegen, Mücken fang ich mir,
Weil sie meinen Hunger stillen;
Aber sprich, was fängst du dir?
Allerhöchstens fängst du Grillen."

Du bist glücklich: schön und gut,
Hast ein Weibchen dir erkoren,
Mutter deiner Schwalbenbrut,
Dir zu Leid und Lust verschworen.

"Sie, an der mein Heil geschah!
Liebste mir in allen Reichen!
Doch was stehst du müßig da?
Geh doch hin und tu desgleichen!"

Eine weiß ich, ohne Die
Müsst ich an der Welt verzagen:
Manches holde Wort an sie
Hab ich dir schon aufgetragen.

"Selten hör ich, was du sagst,
Singe nie nach fremden Noten;
Wo du selber reden magst,
Braucht es keiner Liebesboten."

(Aus der 1844 erschienenen Gedichte-Sammlung)

ZUM TODESTAG DES GERMANISTEN

Über den Autor (1802-1876)

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